Interview mit Kirchenchorleiter Wolfgang Junker

Wolfgang, du hast Musik studiert, am Schlossgymnasium in Kirchheim unterrichtet und hast vor einigen Jahren den Kirchenchor in Nabern übernommen.
Willst du zu deinem Werdegang noch etwas sagen?

Ich habe in Freiburg Schulmusik studiert, das ist eine sehr breite musikalische Ausbildung mit Klavier, Dirigieren, Gesang, Theorie, Musikgeschichte usw. Nach dem Referendariat in Mannheim bekam ich meine erste Stelle als Lehrer hier in Kirchheim. Meine Frau und ich haben eine Wohnung gesucht und der erste, der auf unsere Annonce geantwortet hat, war ein Naberner.

Wenige Wochen nach unserem Einzug fragte mich unser Vermieter, Gerhard Kapp, ob ich nicht den Naberner Gesangverein übernehmen wollte und ich sagte zu. Zwei Jahre kann man das ja vielleicht machen, dachte ich, da lernt man die Leute im Dorf etwas kennen. Aus den zwei Jahren wurden dann fast 20 Jahre!

Seit 1982 wohnen wir nun hier in Nabern (mittlerweile im eigenen Haus) und so lange unterrichte ich auch am Schlossgymnasium in Kirchheim. (Anm.: inzwischen ist Wolfgang Junker alt genug, nicht mehr in die Schule zu müssen.)

Was gab den Ausschlag für dich, den Kirchenchor in Nabern zu übernehmen?

Das war ein konkreter Anlass. Ich wurde zunächst nur als Aushilfe angefragt. Frau Ederle, die damals den Chor leitete, hatte sich an der Schulter verletzt und konnte nicht mehr dirigieren. Man hat mich daher gefragt, ob ich den Auftritt an Weihnachten 2007 übernehmen könnte. Da hatten wir eine Probe oder auch zwei. Nach Weihnachten war die Situation immer noch die gleiche und beide Seiten merkten wohl mit der Zeit, dass die „Chemie“ stimmte und so ging es eben weiter, Probe für Probe … bis heute.

Was ist für dich das Besondere am Kirchenchor Nabern?

Das ist eine schöne Frage. Ich habe ja immer schon eigene Chöre geleitet und auch viele fremde Chöre kennen gelernt (z.B. als Klavierbegleiter). Was ich an diesem Chor schätze, ist sowohl das Musikalische als auch das Menschliche. Es gibt hier eine wirklich harmonische Gemeinschaft, jedenfalls empfinde ich es so. Das ist wahrhaftig nicht immer so in Chören. Es gibt viele Chöre mit einzelnen „Störern“ oder kleinen Interessen-Grüppchen: Die einen sagen, wir machen das und die andern meinen, man sollte lieber was anderes singen, den einen gefällt die Nase des Chorleiters und den andern nicht…usw. Das ist hier anders. Die Atmosphäre hier ist durchweg freundlich, harmonisch und positiv.

Es wird ja auch viel zwischendurch gelacht.

Ja, das stimmt. Wie gesagt, eine positive, fröhliche und aufgeschlossene Gemeinschaft. Aufgeschlossen auch im musikalisch Sinne: Es gibt eine ganz große Vielfalt, was die musikalische Literatur angeht und eine große Bereitschaft, verschiedenartige Sachen sich vorzunehmen.

Und es gibt einfach richtig gute Leute im Chor, die wirklich auch schwere Passagen relativ locker und teilweise sogar vom Blatt absingen. Ich denke auch, wir haben eine recht große stilistische Bandbreite. Zwischendurch singen wir z.B. auch poppige Sachen (nur gegen das Englische gibt es dann auch mal Protest), also ein buntes Programm mit modernen und populären, klassischen oder ganz alten, kirchlichen oder weltlichen Liedern.

Auch „Der kleine grüne Kaktus“ wurde einmal probiert.

Ja genau, bis hin zu weiteren alten Schlagern wie „Schöne Isabella von Kastilien“ mit einem ziemlich schlüpfrigen Text (lacht) – ich weiß nicht, ob das jeder gemerkt hat -, aber das geht alles.

Wie viele Sängerinnen und Sänger gibt es zurzeit?

Es gibt acht Sopranistinnen, vier Altistinnen, drei Tenöre und drei Bässe. Also 18 Sängerinnen und Sänger. Natürlich könnten es ein paar mehr sein… allerdings sind die Stimmen von der Qualität her richtig gut verteilt. Denn in jeder Stimme gibt es jemanden, der ganz sicher ist und die Stimme anführen kann und die anderen „mitnimmt“, das ist viel wert. Auch das ist längst nicht in jedem Chor so. Ich kenne auch Chöre, da können die Männer singen, die Frauen nicht oder umgekehrt (lacht).

Müssen Neueinsteiger bei dir vorsingen oder irgendwelche Kenntnisse mitbringen?

Nein, natürlich müssen Neueinsteiger nicht vorsingen. Er oder sie wird sich in den Chor setzen und einfach versuchen, sich rein zu finden. Natürlich ist es günstig, wenn man etwas Noten lesen kann, aber das muss nicht ein. Auch wer schon einmal in einem anderen Chor gesungen hat, tut sich wahrscheinlich leichter, aber das muss alles nicht sein. Das Wichtigste ist die Freude am Singen und an der Gemeinschaft. Man probiert einfach und nach ein paar Wochen merkt man, das ist was für mich oder auch nicht.

Wie viele öffentliche Auftritte im Jahr gibt es und bei welchen Gelegenheiten?

Der Chor singt normalerweise einmal im Monat im Gottesdienst, das wird jedenfalls angestrebt, aber es gibt auch Ausnahmen. Wenn irgend möglich, gibt es zusätzlich mindestens einmal im Jahr ein extra Konzert des Chores. Manchmal auch mit einem anderen Chor zusammen. Die letzten beiden Konzerte hatten wir einmal mit dem Kinderchor und vor kurzem mit der „Chorwerkstatt Teck“ aufgeführt.

Was war für dich bislang der größte Auftritt mit dem Kirchenchor?

Der größte Auftritt war bisher, denke ich, die Aufführung mit dem 42. Psalm „Wie der Hirsch schreit“ von Mendelsohn in der Martinskirche sowie in einem zweiten Konzert in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen. Da war im Rahmen eines Projekts mit meinem Lehrer-Eltern-Chor am Schlossgymnasium. Begleitet hat das Volkshochschulorchester Kirchheim.

Gibt es etwas, das du noch erwähnen möchtest?

Bleiben wir bei den Konzerten. Außer dem großen Mendelssohn-Konzert haben wir in den letzten Jahren auch einige kleinere, aber dennoch, wie ich finde, interessante und intensive „Themen“-Konzerte gemacht, z.B. mit dem Motto „Verleih uns Frieden“, auch mit gesprochenen Texten zum Thema Frieden. Oder eine geistliche Abendmusik im wörtlichen Sinne, also ein Konzert mit Abendliedern, ebenfalls inclusive Gedichte und Prosa zum Thema. Und das letzte Konzert stand unter dem Motto „Singet dem Herrn/Cantate Domino“, passend zum Sonntag Kantate.

Man muss eben immer sehen, was geht und was passt zum momentanen Zustand des Chores und mit 18 Chormitgliedern geht zwar nicht alles, aber doch vieles – dennoch wäre es natürlich schön, wenn der Chor sich noch etwas vergrößern würde.

Die Bandbreite ist trotzdem bunt gefächert.

Ja, das haben wir ja auch schon bei der Eröffnung der Gießnauhalle gezeigt oder beim Altennachmittag. Da werden dann natürlich nicht nur geistliche Sachen gesungen. Aber vorzugsweise natürlich schon. Schließlich sind wir ein Kirchenchor.

Zuletzt bei dem Konzert mit der „Chorwerkstatt Teck“ habe ich ja auch eine schöne Bandbreite an Liedern ausgesucht: vom 15. Jahrhundert bis zur Jazz-Motette.

Das hört sich alles sehr gut an, finde ich. Jetzt sag uns noch:
Wann und wo sind die Proben?

Die Proben sind immer im Gemeindehaus, donnerstags von 19:30 bis kurz nach 21:00 Uhr. Und neue Mitglieder sind natürlich stets willkommen und dürfen einfach vorbeikommen

Vielen Dank.

(Das Interview führte Diane Lübker, begeisterte Sängerin im Kirchenchor.)